Autor: Prof. Dr. Axel Buether

Wahrnehmungsfähigkeit

Körper- und Lichtfarben → Atmosphären

  • Erscheinungsweisen von Farbe und Licht im Raum wahrnehmen und analysieren können
  • Einfluss von Farbe und Licht auf die Gestaltbildung im Raum wahrnehmen und analysieren können

Vorstellungsfähigkeit

Raum → Mensch → Objekt → Zeit → Bewegung

  • visuelle Erscheinung von Materialoberflächen kennen und im Gedächtnis variieren können
  • Repertoirebildung für freies und angewandtes Zeichnen und Skizzieren aus der Vorstellung
  • Raumatmosphären kennen
  • Prozess der Gestaltbildung kennen,
  • Abstraktionsfähigkeit fördern

Darstellungsfertigkeiten

Zeichnung → Farbskizze → Atmosphärische Skizze

  • wichtige Farbmaterialien und Skizzentechniken kennen und anwenden können
  • Skizzentechniken zur freien und realistischen Darstellung räumlicher Situationen anwenden können

Kreativitätstechniken

Abstraktion → Ideenfindung → Brainstorming

  • Anregung der Fantasie, Transformation von Realität, freies Spiel mit Emotionen, Wahrnehmungen und Wirkungen

Zielgruppe

Schüler/innen, Auszubildende im gestaltenden Handwerk und Raumgestaltung, Studierende gestalterischer Fachrichtungen

Voraussetzungen

  • keine

Einführungsblatt: „Farbskizze“

Methode

Zeichnen, Skizzieren

Ergebnis

ist ein volles Skizzenbuch

Thema: Raumdarstellung

Der Kurs beginnt jeweils mit einem Stadtspaziergang, bei dem zehn bis 20 interessante Situationen im Skizzenbuch festgehalten werden. Die Zeit dafür ist begrenzt. Im ersten Teil soll ausschließlich monochrom und linienhaft skizziert werden. Der Fokus liegt auf einem Punkt im Gesichtsfeld, der den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit bezeichnet. Alles andere wird ausgeblendet.

Im zweiten Übungsschritt erfolgt die Materialisierung der ausgewählten Situationen durch die Polychromie. Dabei wird nicht ausgemalt, sondern farbig skizziert. Linien werden durch flächige Pinselstriche ersetzt. Flächen, Körper, Perspektiven und Materialien werden über Farbflächen erzeugt. Besonderes Augenmerk gilt dem Unterschied zwischen den Licht- und Körperfarben

Im dritten Schritt werden atmosphärische Skizzen entwickelt, die aus möglichst wenigen farbigen Flecken komponiert sind. Besondere Bedeutung hat hierbei die Darstellung der Zeitlichkeit. Schatten, Glanzlichter, Spiegelungen und Reflexionen unterstreichen die atmosphärische Dimension der beobachteten Raumsituationen. Die tatsächlichen Gegebenheiten der Umwelt treten hinter dem subjektiven Erlebnis des Augenblicks zurück. Die atmosphärische Skizze lebt von der Fantasie des Betrachters und seiner Reaktion auf die Gegenwart der Phänomene Farbe, Licht und Raum.

Material

Die Übung kann mit allen trockenen oder schnell trocknenden Farbmaterialien ausgeführt werden. Besonders geeignet sind trockene Zeichenmaterialien, wie Farbstifte, Pastellkreiden, Aquarellstifte, Pastellstifte oder feuchte Zeichenmaterialien wie Acrylfarben, Gouachefarben und Aquarellfarben.

Alle Übungsschritte sollten in einem Material durchgeführt werden. Bei Wiederholungen kann das Material variiert werden, wodurch sich das Kompetenzprofil erweitern und vertiefen lässt.

Lernziel

Mit der Entwicklung neuer visueller Darstellungstechniken und leistungsfähiger Kommunikationsmedien steigt die Komplexität der vermittelbaren Inhalte. Während die detailgetreue Zeichnung von visuellen Sachverhalten an Bedeutung verloren hat, steigt die Anforderung an die Skizzentechnik. Über schnelle präzise Linien-, Farb- und Lichtskizzen lernen wir die wesentlichen Inhalte, Eigenschaften und Handlungsabläufe einer Situation kennen. Durch die Beschränkung auf wenige bedeutsame Objekte wird die Skizze zu einem originären Vermittlungswerkzeug, das den Kern unserer Gedanken und Emotionen auf anschauliche Weise zum Ausdruck bringt.

Kursdauer

  • 1,5h Einführung:
  • 1,5h Zwischenpräsentation: pro Arbeit im Mittel 5min + Einführung nächster Übungsschritt: 30min
  • 1,5h Endpräsentation in Form einer Ausstellung mit Besprechung: pro Arbeit im Mittel 5min
  • 3-9 Spaziergänge mit dem Skizzenbuch, jeweils 2-4h

Arbeitsblatt Lernschritt 1/3

Raumgrenzen – Blickspur und Raumbildung

Spaziergang mit dem Skizzenbuch

Nehmen Sie uns mit auf einen Tagesspaziergang durch die Stadt oder die Landschaft.

Beginnen Sie diesen am Morgen bei Sonnenaufgang und führen Sie den Prozess fort, bis die Dunkelheit Sie umfängt.

Zeichnen Sie eine Sequenz von etwa 10-20 Stationen in Ihr Skizzenbuch, wobei Sie spannende Stadtansichten, Landschaften, Personen oder Menschengruppen suchen und skizzenhaft darstellen sollen.

Arbeiten Sie nicht mit Fotos oder Ihrem Langzeitgedächtnis, sondern fordern Sie Ihr Arbeitsgedächtnis. Nutzen Sie die unmittelbare Anschauung zur Erfassung der Raumgrenzen, die Sie nach dem Wahrnehmungsvorgang mit einer raumerzeugenden Geste auf das Papier übertragen.

Arbeitsweise

Versuchen Sie, die größtmögliche räumliche Wirkung mit möglichst wenigen Linienbewegungen zu erzielen. Benutzen Sie den Pinsel als Zeichenstift und verwenden Sie den Wechsel der Strichstärke und die Sättigung des Farbtons für die Herausarbeitung der Licht- und Schattenverhältnisse.

Achten Sie auf die präzise und perspektivisch korrekte Darstellung der räumlichen Situationen. Raum wird durch die Darstellung der Beziehungen zwischen den einzelnen Elementen erzeugt. Verzichten Sie auf die Darstellung von Materialien, Schatten, Oberflächen etc. Zeichnen Sie die Beziehungen im Fokus Ihrer Blickperspektive deutlich und detaillierter als die Peripherie.

Reduktion

Reduzieren Sie dabei die Anzahl der Linien auf das, was Sie für die perspektivische Darstellung der räumlichen Situation unbedingt benötigen. Zeichnen Sie nicht aus dem Gedächtnis, sondern nur das, was für Sie vor Ort sichtbar ist.

Arbeitsmaterial

Arbeiten Sie monochrom mit dem vorgegebenen Farbmaterial in Ihr Skizzenbuch (Format mdst. 30x30cm), das Sie im weiteren Kursverlauf weiter füllen und am Ende als Abgabeleistung im Kurs präsentieren.

Zeit

Mindestens ein ausgedehnter Spaziergang mit Farbmaterialien und Skizzenbuch, besser auf 3 verschiedene Tage verteilen. Dauer der Spaziergänge jeweils 2-4h.

Arbeitsblatt Lernschritt 2/3

Materialisierung der Raumoberflächen –  Die Verdichtung der Linie zur Fläche

Licht und Farboberflächen

Gehen Sie den Weg erneut ab und skizzieren Sie die gleichen Situationen mit einer polychromen Farbpalette. Arbeiten Sie die Oberflächenqualitäten der räumlichen Situation heraus und zeigen Sie uns den Unterschied zwischen den Lichtfarben des Himmels und den Materialfarben der Gegenstände. Sie können gerne zusätzlich auch neue Situationen

und Details darstellen, in denen die Materialqualitäten besonders gut zu beobachten sind.

Achten Sie besonders auf die Schatten, die Eigenschatten der vom Licht abgewandten Oberflächen und die Schlagschatten, welche zusätzliche räumliche Informationen in die Blickperspektive integrieren.

Arbeiten Sie dabei in Serien, sodass Ihr Arbeitsprozess sichtbar wird!

Arbeitsweise

Verzichten Sie auf die Vorzeichnung der Raumkanten und skizzieren Sie gleich in die Fläche. Arbeiten Sie die wesentlichen Merkmale der verschiedenen Oberflächen heraus und versuchen Sie dabei, verschiedene Farbtechniken kreativ einzusetzen. Sie können flüssig oder pastos arbeiten oder auch Strukturpasten verwenden. Arbeiten Sie damit die Haptik der Oberflächen heraus! Verstärken Sie die räumliche Wirkung der Oberflächenqualitäten durch die Darstellung von Spiegelungen, Reflexionen und Schattierungen.

Reduktion

Wichtig ist, dass Sie Freude am Experiment mit dem Farbmaterial haben und Ihre Emotionen in die Darstellung einbringen. Am Ende zählt, dass sich dem Betrachter vermittelt, was Sie an der Situation interessiert oder manchmal auch fasziniert hat. Reduzieren Sie die Anzahl der verwendeten Farben auf ein Minimum. Umso deutlicher tritt Ihre Beobachtung als Aussage hervor.

Arbeitsmaterial

Arbeiten Sie polychrom mit dem vorgegebenen Farbmaterial in Ihr Skizzenbuch (Format mdst. 30x30cm), das Sie im weiteren Kursverlauf weiter füllen und am Ende als Abgabeleistung im Kurs präsentieren.

Zeit

Mindestens ein ausgedehnter mehrstündiger Spaziergang mit polychromen Farbmaterialien und Skizzenbuch durch einen perspektivisch und farblich spanenden Landschafts- oder Stadtraum.

Vorschlag: Probieren Sie selbst, ob sie effektiver werden, wenn Sie die Arbeit auf 3 verschiedene Spaziergänge an einem oder mehreren Tagen verteilen. Sie können Ihr Skizzenbuch auch gerne mitnehmen, wenn Sie aus anderen Gründen in Stadt und Natur unterwegs sind.

Zwischenpräsentation 2/3

Die Arbeitsergebnisse der Skizzenbücher werden ausgelegt und auf einem gemeinsamen Rundgang mit der Gruppe besprochen.

Arbeitsblatt Lernschritt 3/3

Raumatmosphären –  Auflösung der Raumkanten und Materialoberflächen im Spiel von Licht und Schatten

Licht und Schattenräume

Gehen Sie den Weg ein drittes Mal ab und entwickeln Sie kraftvolle atmosphärische Bilder aus Farbe und Licht, die Ihre Stimmung in der erlebten Situation und die tageszeitlich bedingten Farb- und Lichtverhältnisse wiedergeben.

Besuchen Sie die Orte zu unterschiedlichen Tageszeiten und achten Sie auf den Stand der Sonne und die Veränderungen der Farb- und Lichtsituation. Verzichten Sie vollständig auf jede Linienzeichnung und Umrandung und malen Sie die Dinge so, wie es die Licht- und Schattenverhältnisse zur beobachteten Tageszeit anzeigen.

Objekt und Raum verschmelzen in der Atmosphäre des erlebten Augenblicks.

Atmosphärische Mittel

Achten Sie auf die Eigenschaften der Farb- und Lichterscheinungen in Ihrer Raumsituation. Entwickeln Sie ein Gespür für die Leuchtkraft, die Intensität, die Temperatur, die Struktur und Textur, die Konsistenz, die Transparenz und Schichtung, die Reflexion und Spiegelung der Malmittel auf dem Malgrund.

Reduktion auf die atmosphärische Wirkung

Reduzieren Sie die Anzahl der Farben und Formen auf das Wesentliche.

Probieren Sie dazu so viel wie möglich aus und arbeiten Sie immer in Serien, sodass Ihr Arbeitsprozess sichtbar wird. Finden Sie heraus, wie viel und welche Farben Sie wirklich benötigen, um die atmosphärische Wirkung Ihres Raumes zu maximieren. Das Ziel ist die Optimierung der atmosphärischen Wirkung des von Ihnen dargestellten Raums.

Arbeitsmaterial

Arbeiten Sie polychrom mit dem vorgegebenen Farbmaterial in Ihr Skizzenbuch (Format mdst. 30x30cm), das Sie im weiteren Kursverlauf weiter füllen und am Ende als Abgabeleistung im Kurs präsentieren.

Zeit

Mindestens ein ausgedehnter mehrstündiger Spaziergang mit polychromen Farbmaterialien und Skizzenbuch durch einen perspektivisch und farblich spanenden Landschafts- oder Stadtraum.

Vorschlag: Probieren Sie selbst, ob sie effektiver werden, wenn Sie die Arbeit auf 3 verschiedene Spaziergänge an einem oder mehreren Tagen verteilen. Sie können Ihr Skizzenbuch auch gerne mitnehmen, wenn Sie aus anderen Gründen in Stadt und Natur unterwegs sind.

Abschlusspräsentation

In Form einer Ausstellung aller Skizzenbücher, die einzeln mit der ganzen Gruppe besprochen werden.

Literatur

  • Scheinberger, Felix: Wasserfarbe für Gestalter, Schmidt 2011 zum Buch
  • Scheinberger, Felix: Mut zum Skizzenbuch. Zeichnen und Skizzieren unterwegs, Schmidt 2009 zum Buch
  • Buether, Axel: Wege zur kreativen Gestaltung. Methoden und Übungen, Seemann Henschel 2013 zum Buch
  • Holl, Steven und Müller, Lars: Steven Holl – Scale: An Architect’s Sketch Book, Müller 2011 zum Buch
  • Holl, Steven: Written in Water: Watercolors, Müller 2002 zum Buch

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